Nach der chinesischen Akupunkturlehre lassen
sich die Organe des Körpers in zwei Gruppen einteilen:
Arbeitsorgane: Sie dienen der Aufnahme von
Nahrung, der Verarbeitung der von außen zugeführten Stoffe und der
Ausscheidung von nicht assimilierbaren Substanzen. Da sie dem aktiven Prinzip
entsprechen, werden sie dem Yang zugeordnet.
Speicherorgane: Ihre Aufgabe ist die Umsetzung
der resorbierten Nahrungsbestandteile, Speicherung der Nahrungsbestandteile und
Verteilung der aufgenommenen Energien. Da ihre Funktionen einem passiven Prinzip
entsprechen, werden sie dem Yin zugeordnet.

Zu jedem Yin-Organ gehört ein komplementäres
Yang-Organ. Beide ergänzen sich in ihrer Funktion und bilden zusammen ein
Funktionspaar. Ein Beispiel hierfür ist das System Niere/Blase. Während die
Funktionsweise der Blase einen aktiven Vorgang der Ausscheidung darstellt,
besteht die Aufgabe der Niere in einem langsamen, eher passiven Prozess der
Filtration und Rückresorption von noch gebrauchten Stoffen.
Im Zusammenwirken je eines Yin- und eines Yang-Organs
zu einem Funktionspaar zeigt sich wiederum das Symbol der Monade. Polarität
erscheint nicht als unvereinbarer Gegensatz, sondern als Dualität im Sinne
zweier wesensverschiedener Aspekte eines Ganzen, das eine als komplementäre Ergänzung
des anderen.
Entsprechend der Monade hat jedes Yin-Organ auch
Yang-Anteile und umgekehrt. Spielen diese Anteile harmonisch zusammen, arbeitet
das jeweilige Organ normal. Kommt es jedoch aus irgendeinem Grund zu einem gestörten
Verhältnis dieser Teilkräfte, so führt dies zu einer Fehlfunktion. Ist das
Ungleichgewicht von Yin und Yang sehr stark ausgeprägt oder hält es sehr lange
an, erkrankt das betroffene Organ funktionell. Wird die Störung nicht
beseitigt, erkrankt es auf Dauer manifest. Erlischt eine der beiden Teilkräfte,
so stellt es seine Funktion ein. In diesem Verhalten liegt das Hauptprinzip der
Akupunktur begründet: Krankheit wird als Missverhältnis der polaren
Energien Yin und Yang verstanden.

Jedem Organ im Körperinnern werden eine Reihe von
Akupunkturpunkten an der Körperoberfläche zugeordnet, die durch eine Linie -
genannt Meridian - verbunden sind. In diesen jeweils paarig angelegten energetischen "Gefäßen" bewegt sich die Lebenskraft durch
den Organismus. Durch innere Verläufe sind die Meridiane sowohl mit dem
eigenen Organ im Inneren des Körpers als auch mit dem Organ des gekoppelten
Meridians verbunden. Sog. "Lo-Gefäße" bilden energetische
Querverbindungen. Die querverlaufenden (transversalen) Lo-Gefäße verbinden
gekoppelte Meridiane miteinander, die längsverlaufenden (longitudinalen) Lo-Gefäße
strömen längs des Meridianverlaufs und münden ins meridianeigene Organ in der
Tiefe.
Die Akupunkturpunkte lassen sich bildlich als Schleusen
verstehen, mit deren Hilfe die Energie im Bedarfsfall in andere Energiekanäle
umgeleitet werden kann. Guido Fisch zeigt anhand ihrer anatomisch auffälligen
Lage einen anderen Vergleich auf, der ihre Funktion sehr treffend
veranschaulicht: "Die chinesischen Punkte liegen meist in kleinen
Vertiefungen zwischen Sehnen oder Muskeln oder in der Mulde eines Knochens. Sie
können mit Schächten eines Kanalsystems verglichen werden. Die Energie, die
immer in Bewegung ist, wenn der Mensch gesund ist, bewegt sich ständig in der
Tiefe und kann über die chinesischen Punkte an die Oberfläche, das heißt nach
außen, gelangen und über sie auch beeinflusst werden."
Dadurch wird verständlich, warum den Meridianen, die
den ganzen Körper überziehen, noch weitere Funktionen zugeordnet werden: Sie
beeinflussen nicht nur das ihnen zugehörige Organ, sondern auch sämtliche
Organe und Gewebe, die sich in ihrem Verlaufsgebiet befinden. So hat z. B. der
Dickdarm-Meridian aufgrund seines Verlaufs Einfluß auf den Zeigefinger, das
Handgelenk, den Ellbogen, den Deltoidmuskel, das Schultergelenk und die Nase.
Dickdarm-Meridian
Des weiteren gibt es Zuordnungen von Funktionen, Geweben und Sinnesorganen zu
Meridianpaaren, die in Funktionskreise zusammengefasst werden. Diese werden den
fünf Elementen zugeordnet. Das Element "Holz", verkörpert durch die
Meridiane Leber und Gallenblase, hat z.B. Einfluß auf Sehnen, Muskeln, Augen
und Nägel. Das Element "Wasser", das den Meridianen Niere und Blase
entspricht, beeinflusst Knochen, Ohren und Kopfhaare.

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